Da ist viel Leidenschaft zu spüren

(Foto: Haralt Triller)

PORTRÄT Hans Liese steht seit sechs Jahren an der Spitze der Tafel in Eschwege

Eschwege/Reichsensachsen

– Als Hans Liese 2018 in die wohlverdiente Rente ging, hat ihn seine Ehefrau Margret animiert, sich bei der Eschweger Tafel zu engagieren. Wörtlich: „Hans, bevor du jetzt in ein Loch fällst, solltest du dein breites Netzwerk einsetzen und dich ehrenamtlich um Menschen in Not kümmern.“ Gesagt, getan, der Reichensächser hat sofort Nägel mit Köpfen gemacht und befolgte den Rat seiner Ehefrau, die in ihm aufgrund seines Bekanntheitsgrades einen idealen Mann zum Reinholen von Spenden sah. „Da auch Margot und Siegfried Furchert in das gleiche Horn getutet und mir die Aufgabe schmackhaft machten, habe ich mich schließlich überzeugen lassen“, gab der heute 69-Jährige beim Gespräch zu verstehen

Gleich Vorsitzender

Allerdings gibt er ehrlich zu, dass er den Umfang dieser Arbeit unterschätzt habe, denn er sei im März 2018 postwendend Vorsitzender des eingetragenen Vereins geworden und nach einem halben Jahr Einarbeitungszeit für die Gesamtorganisation der Tafel und das Einholen der Lebensmittel aus den Märkten in verantwortlicher Position quasi seit August 2018 zuständig.

Bei Hans Liese ist die Leidenschaft für die Sache förmlich zu spüren, er räumt die Probleme aus dem Weg, packt jede Gelegenheit für den Vorwärtsgang beim Schopfe, lässt auch Ideenreichtum erkennen und pflegt mit allen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern das faire Miteinander.

„Als ich angefangen habe, waren es 32 Ehrenamtliche, aktuell sind es 55 und zwei Teil-zeitbeschäftigte mit Entlohnung. Die Bedarfsgemeinschaft zählte seinerzeit 160 Abholer für 345 Familienangehörige.

„Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine herrschte bei uns Massenandrang, die Leute haben uns überrannt, was freilich auch an den fehlenden Zahlungen lag, die für die Grundsicherung nötig sind. Dahinter verbergen sich Dinge, die verständlicherweise auch unseren Behörden über den Kopf gewachsen sind“, machte Hans Liese deutlich, dass damals 125 Familien an den drei Tagen montags, dienstags und freitags auf der Warteliste standen.

„Ich hätte ja nie gedacht, dass auf dem Heuberg in Eschwege so viele Ukrainer wohnen, die ihre Landsleute zwar aufnehmen, aber nicht gänzlich versorgen konnten“, adressiert der 69-jährige Reichensächser an dieser Stelle dankbare Worte an die großzügigen Spenden von den heimischen Lebensmittelmärkten, aber auch an die Tafel-Dachorganisationen in Hessen und in ganz Deutschland, „die uns best-möglich unterstützten.“ Ähnlich sei das auch während der Coronapandemie gewesen, da habe das Land Hessen mit Geld, Masken und Desinfektionsmitteln spürbar geholfen.

Zukunftsängste

Und obwohl derzeit alles im Lot ist, macht sich bei Hans Liese auch Zukunftsangst bemerkbar, weil jüngst die Wareneingänge, gerade bei den Molkereiprodukten wie Joghurt, Milch und Schnittkäse rückläufig seien, macht sich der Vorsitzende auch Sorgen, wenn die Leute aus dem Containerdorf an der Thüringer Straße auf die Tafel einstürmen.

Viele Ukrainer

Traurig stimmt ihn auch die Zahl, dass unter den derzeit 794 Personen sich 316 Kinder befinden. Insgesamt verpflegt die Tafel in Eschwege 304 Ukrainer, zum Vergleich sind es 230 Deutsche, darunter Rentner sowie Frauen und Männer von der Dienststelle Eschwege des Jobcenters Werra-Meißner, das einem Teil der Ukrainer zur Integration Ausbildungen ermöglicht.

„Auch wir haben die Qualifizierung eines syrischen Ehepaars zu Medizinern gesichert, die mittlerweile eine Anstellung im Klinikum Werra-Meißner in Eschwege als Oberärzte bekommen haben“, weiß Hans Liese, dass sie mit ihren drei Kindern in Eschwege eine neue Heimat gefunden haben, das Jobcenter den Hauskauf regelte und sie sich auch als Mitglieder der Tafel einbringen.

Aktuell hat die Tafel ein neues Projekt initiiert: „Über die sozialen Medien, in diesem Falle mit Facebook, versuchen wir Fahrer und Beifahrer wie auch Lebensmittelsortierer zu fin-den“, kann Hans Liese bereits einen ersten Erfolg verkünden, denn es hat sich bereits ein 15-köpfiger Helferstab gemeldet, der ehrenamtliche Unterstützung signalisierte.

Kinderprojekte

Auch außerhalb der Lebensmittelversorgung lässt Hans Liese seine Kontakte blühen, um seit dem Spätherbst auch Kindern einiges zu bieten: „Dank der Eschweger Lions, Al-tersjubilaren, die ihr Geburtstagsgeld an uns spendeten und der Tafel Deutschland konnten wir 25 Tafelkinder am Nikolaustag mit einem besonderen Geschenk bescheren, die dann mit Geschwistern und Eltern in den Werraland-Lebenswelten zum Essen eingeladen wurden.“

„Darüber hinaus konnten wir viele Mädchen und Jungen zum Bühnenstück von der kleinen Hexe zum jungen Theater ins E-Werk einladen, was uns auch im Sommer bereits gelungen ist, als das gleiche Ensemble die Geschichte von Jim Knopf auf der Waldbühne am Leuchtberg spielte“, ist Hans Liese bei solchen Nachrichten die Freude ins Gesicht geschrieben.

Und auch seiner Ehefrau Margret, die ihn eifrig unterstützt, dankt der zweifache Vater aus Reichensachsen.

(Quelle Werra-Rundschau, Haralt Triller)